Hallo und herzliche Grüße aus Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans! Mein Bordcomputer zählt nun gut 6700 Kilometer und 72 Reisetage. Hinter mir liegen die Wüsten und Steppen in Kasachstan und Usbekistan. In den vergangenen Tagen erklomm ich bereits die ersten Bergketten im zentralasiatischen Hochgebirgsmassiv. Statt Sanddünen und Salzpfannen begegneten mir nun Schneefelder und Bergseen!

Usbekistan und bisher auch Tadschikistan sind unheimlich interessant und spannend. Mir geht es so gut wie lange nicht mehr!
Doch zunächst zurück nach Usbekistan, genauer nach Nukus, woher der letzte Blogeintrag stammt:

Ein freundlicher junger Usbeke den wir nach dem Weg gefragt hatten lädt uns ein, uns die Stadt und seine Arbeit zu zeigen. Er rekonstruiert und konserviert antike Wandgemälde aus umliegenden Ausgrabungsstätten. An einem nur ungefähr DinA4 großen Stück arbeitet er nun schon seit vier Wochen. Stück für Stück wird das Gemälde mit Mikroskop und Miniaturwerkzeug gereinigt. Anschließend werden bestimmten Chemikalien das Kunstwerk dauerhaft erhalten.

Nach dem Rundgang durch sein Institut zeigt uns der nette Archäologe auch noch das lokale Museum mit Ausgrabungsgegenständen der früher hier lebenden Nomaden. Danach sind wir zum Mittagessen bei seinen Eltern eingeladen. Es gibt ein köstliches Reisgericht, das ich später noch oft in Usbekistan und Tadschikistan essen werde – Plov – in Lammfett gekochter Reis mit Zwiebeln und Karotten.

In Gedanken noch bei dieser uns Einblick in den Usbekischen Alltag gewährenden Begegnung machen wir uns nach den beiden Pausentagen in Nukus auf den Weg in die nächste größere Stadt Buchara. Von den etwa 500 Kilometern Strecke folgt die Straße zu einem Fünftel der fruchtbaren Amudarja Ebene, danach biegen wir in die staubige Wüste ab. Schon morgens steigen die Temperaturen auf über 30 Grad Celsius. Bevor sie die 40 Grad überschreiten suchen wir uns einen schattigen Ort um während der größten Hitze zu rasten. Die Versorgungslage ist auch hier überraschend gut. Regelmäßig gibt es Raststätten mit warmem Essen, Trinkwasser und sonnengeschützten Sitz- oder Liegemöglichkeiten. Traditionell wird hier nämlich nicht auf Stühlen sitzend am Tisch gegessen, sondern auf einer Art großem Bett. Dieses ist ausgestattet mit reichlich Polstern und Kissen und man darf es sich nach Herzenslust bequem machen. Das Essen selbst wird dann auf einem etwa 20 cm erhöhten Tischchen serviert. Ich liebe diese Art zu essen! Wo sonst kann man sich nach der Mahlzeit sofort an Ort und Stelle zu einem Mittagsschlaf niederlegen, ohne dass Irgendjemand Anstoß daran nimmt?

Nach diesem Wüstenstück erreichen wir also die Oase Buchara. Hier gibt es wieder Wasser und so grünt und blüht in der Umgebung alles. Wir schauen uns die nette Stadt mit alten, in der Sonne glänzenden mosaikbesetzten Moscheen an und wandern durch die kleinen Gassen der Altstadt. Ich treffe auf Chung und Young, zwei Radfahrer aus Malaysia. Die beiden haben die letzten sieben Jahre arbeitend in London verbracht und wollen nun wieder nach Hause. Welches Transportmittel eignet sich da besser als das Fahrrad?

Da Samarkand auch das Ziel von Chung und Young ist, beschließen wir als Nächstes gemeinsam dorthin zu fahren. Die Strecke ist unspektakulär, durchgängig besiedelt und stark befahren. Drei Tage sind wir unterwegs und haben so reichlich Zeit uns über vergangene Erlebnisse und Reisen auszutauschen. Dann folgt ein weiterer Stop in Samarkand, nach Reiseführern zu urteilen der schönste Ort entlang der Seidenstraße. In der Tat gibt es wieder einige hübsch restaurierte Moscheen, doch ich bin mäßig begeistert. Umso gemütlicher ist jedoch unsere Unterkunft, in der wir zudem auch noch andere Radreisende treffen. Bei reichlich grünem Tee und den ersten hier geernteten Melonen gibt es wieder viel Zeit für interessante Begegnungen und Gespräche. Über Nacht fahre ich dann mit einem Bus nach Tashkent, um dort am nächsten Morgen ein Visum für China zu beantragen. Bisher komme ich wie geplant ohne Probleme vorwärts und würde meine Reise gern nach dem Besuch Kirgisiens durch China fortführen. In Tashkent muss ich jedoch erfahren, dass die Botschaft die ganze Woche nicht arbeitet. So reise ich am Morgen die 300 Km wieder unverrichteter Dinge zurück und werde nun hier in Duschanbe versuchen die Einreisegenehmigung einzuholen. Auch hoffe ich stark, dass sich die Sicherheitslage in Kirgisien bis ich dort eintreffe verbessert.

Zurück in Samarkand trennen sich die Wege von Julia und mir. Ich mache mich auf den ungefähr 300 Kilometer langen Weg nach Duschanbe in Tadschikistan. Nach zweieinhalbmonatiger Reise durch hauptsächlich flaches Land erwarte ich sehnsüchtig die Berge. Schnell steigt die Straße an und unversehens umgeben mich Schneebedeckte Gipfel, steile Seitentäler und rauschende Gebirgsbäche. Ich entscheide mich, nicht über den Anzob Pass zu fahren, sondern stattdessen den 30 Kilometer kürzeren Weg durch den Anzob Tunnel zu wählen. Dafür mache ich allerdings einen Abstecher zum wunderschönen Gebirgssee Iskandarkul, der auf 2200m über Null liegt. 25 Kilometer Schotterpiste winden sich ein enges Tal hinauf. Teilweise ist die Straße so steil und der Untergrund so lose, dass ich Schwierigkeiten habe die Kontrolle über das Rad zu wahren. Nach über drei Stunden Fahrt erreiche ich erschöpft aber vom Anblick des Sees begeistert einen kleinen Polizeickeckpoint, an dem der korrupte dicke Beamte meint, 20 Dollar von mir verlangen zu müssen. Ich weiß jedoch mit Sicherheit dass der Zugang frei ist und nach einigem Hin und Her darf ich dann doch unter Begleitung des Wartes des kleinen verwahrlosten aus Soviet-Zeiten stammenden Campingplatzes das Gelände betreten. In erster Seelage schlage ich mein Zelt auf und verbringe den Abend mit einem Deutschen Ehepaar aus München, das zufällig einen Tag zuvor mit ihrem geländegängigen Wohnmobil hier eingetroffen ist.

Der nächste Tag wird lang. Mit Sonnenaufgang breche ich auf und starte die letzte 130 Kilometer Etappe nach Duschanbe. Die Straße führt auf 2800 Meter über Null, bevor ich im fünf Kilometer langen Tunnel einen Gebirgsriegel unterquere. Sie ist von chinesischen Ingenieuren bestens ausgebaut worden und soll in Zukunft den Warentransport in Zentralasien über das Straßennetz der sogenannten neuen Seidenstraße deutlich beschleunigen. Viele kleine Tunnel schützen hier vor eventuellen Erdrutschen oder Schneelawinen. Der Anzob Tunnel selbst ermöglicht nun auch im Winter ungehinderten Verkehr von Duschanbe nach Tashkent.

Im Tunnel fühle ich mich wie in einer Tropfsteinhöhle. Es ist kalt, überall tropft es, tosendes Wasserrauschen ist zu hören und die Fahrbahndecke ist über und über bedeckt mit riesigen Wasserlachen, unter denen sich tückische Schlaglöcher verstecken können. Spärliche Beleuchtung erleichtert etwas die Orientierung, zudem ist meine Lichtanlage mit den zwei starken Scheinwerfern hier eine echte Hilfe. In der Tunnelröhre, die übrigens ein Iranisches Projekt ist, fahren Fahrzeuge in beide Fahrtrichtungen. Zwar existiert eine zweite Röhre, doch erfahre ich, dass diese ausschließlich zum Wasserabfluss konstruiert worden ist. Tatsächlich entspringt ein ganzer Gebirgsfluss dieser Röhre. Nach einer halben Stunde konzentrierten Fahrens blendet mich gleißendes Sonnenlicht. Ein wunderschönes Panorama zeigt sich mir und ich genieße eine rasante Abfahrt entlang von Schneerelikten aus dem Winter.
Es geht hinab nach Duschanbe!

Hier folgen nun die Bilder der letzten Wochen.
Ich verabschiede mich, in der Hoffnung bald mit dem chinesischen Visum gen Pamir aufbrechen zu können!
Bis bald!
Jens


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Update China-Visum

Eine Information für alle Reisenden in ähnliche Richtung. In Duschanbe scheint es gerade sehr einfach zu sein ein 30 Tage Touristen-Chinavisum zu erhalten. Folgende Unterlagen werden benötigt:
-Reisepass (wird einbehalten)
-Kopie Reissepass
-ein Lichtbild
-ein handschriftlich ausgefülltes Antragsformular
-Kopie Tadschikistan Visum
-Offizielles Schreiben des Hotels in Duschanbe (mit Briefkopf, Stempel und Unterschrift(!)) mit Angabe des Namens, Zweck und Dauer des Aufenthaltes

Kosten: 30 Dollar
Bearbeitungszeit: 3 Arbeitstage
Öffnungszeiten: Mo, Mi, Fr; 09.00 Uhr morgens

Wie gehabt ist hier das Kirgistanvisum für die doppelte Gebühr (100 Dollar) innerhalb eines Tages erhältlich. Ansonsten ebenfalls drei Werktage ( 50 Dollar )

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Ein Salzsee in der Steppe

 

 

Typische Grabstätten in Kasachhstan

 

 

Zwei französische Motorradfahrer – ebenfalls auf dem Weg nach Osten

 

 

Pause! Manchmal kochen wir auch schon Mittags

 

 

Durch die Wüste

 

 

Die Strasse ist gut befahrbar

 

 

Nur selten gibt es kleine Sandverwehungen

 

 


 

 


Wieder ein obligatorisches Familienfoto bei einer Mittagsrast

 

 

Unterwegs mit Chung und Young aus Malaysia

 

 

Eine der bisher fünf Reifenpannen – zufällig kommt gerade Josef Pichler mit seinem KTM Motorrad vorbei – ein weiterer Zufall sorgt dafür, dass wir uns hier im selben Gasthaus in Dushanbe wiedersehen

 

 

Ein scharfer Gegenstand hatte mir vor einiger Zeit den Reifen aufgeschlitzt und nun verursacht schon zum zweiten Mal ein kleines Steinchen an dieser Stelle ein Loch im Schlauch. Ich ziehe meinen Ersatzreifen auf die Felge, den alten Marathon XR. Bei Gelegenheit werde ich den Anderen wieder in Stand setzen.

 

 

Nach Überquerung der usbekisch/tadschikischen Grenze geht es endlich in die Berge

 

 


 

 


 

 


 

 


 

 

Auf dem Weg zum Iskandarkul Bergsee

 

 


 

 

Kein Gletschersee – jedoch gespeist aus den umliegenden Schneefeldern und Bergmassiven

 

 

Übernachtung in bester Seelage

 

 

Mein Standort

8 Kommentare

  1. mensch, schon wieder so tolle Bilder!!! Da freue ich mich schon drauf, wenn meine Tochter so groß ist, dass sie selber zumindest kleine Fahrradtouren mitmachen kann 🙂
    Und pass auf mit Kirgisien. Sieht nicht nach einer so baldigen Beruhigung aus. Gestern kam in den NAchrichten, dass Kirgistan Russland um Hilfe gebenten hat, aber Russland will keine Soldaten nach Kirgistan schicken.
    Naja, gegen Touristen richtet sich der Ärger ja nicht, aber trotzdem.
    Also, ich freue mich jedenfalls, dass es dir so gut geht! Wünsche dir noch eine schöne Reise und hoffe, es klappt dann auch mit dem China-Visum schnell.
    LG
    Verena

  2. hallo jens.
    kuule sache.. was mich sehr interessiert ist die story vom hund. ist doch etwas ungewöhnlich mit hund auf fahrradreisen… habt ihr ihn noch dabei??
    also ich könnte mich glaub kaum mehr trennen.

    gruss dani

  3. tja, der Hund 🙂 Julia hat ihn mitgenommen, aber ich weiß nicht was sie mit ihm vorhatte oder wo er nun steckt…

    Ansonsten: Beide Visa sind beantragt, und wenn Alles nach Plan läuft kann ich Freitag wieder aufbrechen! Bis dahin genieße ich die Ruhe, schreibe Freunden und kam gestern in den Genuß, mir eine ganze Filmbibliothek auf den Rechner zu spielen. Gleich als erstes war dann ein Tatort aus Münster an der Reihe. Mit Max Ballauf und Freddy Schenk 🙂

    @ Verena: wenn Judith zwölf ist, nehm ich sie auch mal mit auf ne kleine Tour zu unseren Eltern 🙂

    Grüße!
    Jens

  4. Hallo!
    David hier…

    Bin auf deine HP durch das Radforum gestossen.
    Deine Reise ist sehr interessant.
    Sehr schöne Gegend und Bilder.
    Werde es weiter verfolgen.

    Bis die Tage und immer guten Rückenwind

  5. Hallo Jens,

    eine tolle Reise machst du!
    Ich verfolge deine Berichte seit deinem Aufbruch und gucke mir deine Route in google earth an, da bekommt man schon einen kleinen Einruck der Gegend, durch die du fährst.

    Was mir ein bißchen fehlt – wie auch in den meisten anderen Reiseberichten – ist die Beschreibung der alltäglichen Dinge, z.B. wie hast du übernachtet, wie sehen die Läden aus, in denen du einkaufst, was ist mit den Sanitären Anlagen, sind die Hotelzimmer (falls du mal komfortabel residierst) mit den hiesigen vergleichbar, wie ist der Vermüllungsgrad der Landschaft usw., usw. – ich denke, du weißt was ich meine.

    Aber trotz meiner Kritik, du schreibst sehr lesenswerte Berichte und deine Fotos machen Lust auf mehr!

    Grüße unbekannterweise und viel Glück und Energie
    Ludger

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