Am Ufer des Titicacasees kommt uns auf einmal ein durch und durch rosafarbenes Reiserad entgegen. Die Fahrerin ist nicht minder schillernd gekleidet. Wir stoppen, und entdecken die rosa Boxen auf dem Gepäckträger. Herrlich! Nach einem kurzen Plausch wissen wir, dass Angela schon seit vielen vielen Monaten und über 20.000 Km unterwegs ist. Im Moment steuert sie die Olympischen Spiele in Rio an, bei denen ihr Bruder antritt. Schaut mal auf ihrer Webseite vorbei, sie radelt gerade durch Bolivien!
Die vier Unerschütterlichen 🙂 – fotografiert von Angela
Schon den ganzen Tag fahren wir auf eine riesige Rauchwolke zu. Später sehen wir dann, dass es wohl ein Feuer entweder auf einer Insel des Titicacasees sein muss, oder eine brennende Flüssigkeit auf dem Gewässer selbst. Bis heute wissen wir leider nicht genau, was da los war. Vielleicht brannte eine Leck geschlagene Pipeline, oder etwas ist aus einem Schiff ausgelaufen?
So schaut Puno am Titicacasee von oben aus. Es gibt viel Beton und wenig Grün. Dazu zähen Verkehr mit staubigen blauen Dieselwolken. Wir blieben hier trotzdem eine Nacht. Falls möglich quartieren wir uns im Moment sowieso immer ein. Denn günstige Zimmer kosten hier teilweise bloß fünf bis sechs Euro für uns alle zusammen. Zudem können wir dann Duschen gehen, Abends draußen vor der Tür lecker und ebenfalls extrem günstig Essen gehen und haben mit etwas Glück sogar WLAN auf dem Zimmer. Zudem wird es nicht so frostig – wir befinden uns schließlich immer noch im Andenhochland auf über 3000 m über dem Meeresniveau.
Nun reicht es aber! An einem Vormittag müssen wir zum dritten Mal anhalten, um mein plattes Hinterrad zu flicken. Entnervt entscheide ich schließlich, den Ersatzreifen zu montieren. Schade, ich hatte gehofft der Schwalbe Mondial Reifen würde länger durchhalten. Er ist gerade einmal um die 6000 Km gelaufen, zugegebenermaßen mit hoher Beladung. Ich bin jedoch bestimmt nicht der Einzige, der den legendären XR Reifen hinterhertrauert. Die machten mehr als 10.000 km mit. Das war wohl auch das Problem des Herstellers – je länger ein Reifen hält, desto weniger verkauft er davon…
Dass wir an diesem Tag trotzdem noch über 60 Km weit kommen liegt daran, dass es mal keinen Gegenwind gab. Ansonsten haben wir hier fast jeden Tag eine ganz leichte aber stetige Briese von vorn, die uns etwas ausbremst. Die Löcher im Schlauch rührten übrigens jedes Mal von kleinen Drähtchen aus zerplatzen LKW Reifen her, die hier zu Hauf auf der Straße und noch gehäufter auf dem Seitenstreifen liegen. Dank des starken Verkehrs bleibt uns leider oft keine andere Möglichkeit, als den verdreckten Seitenstreifen zu nutzen. Die vielen Kreuze am Straßenrand mahnen, schön defensiv zu fahren. Warum man uns trotzdem noch teilweise mit hupendem Dauerton überholt obwohl wir brav Platz machen, bleibt mir ein Rätsel. Manchmal habe ich das Gefühl, die Autofahrer hier verwechseln uns mit einer Schafsherde, die es aus dem Weg zu hupen gilt. Zum Glück lässt der Verkehr nach Juliaca deutlich nach und wir können manchmal sogar nebeneinander her radeln – was für ein Genuss!
Eine weitere Straßenblockade sorgt dafür, dass wir einen fast völlig autofreien Tag erleben. Wir freuen uns sehr! Bloß die vielen Scherben auf der Straße nerven. Bei der Blockade und den Demos geht es übrigens nicht um die anstehende Stichwahl zum Präsidenten, sondern um die umliegenden Minen, die ihre giftigen Abwässer über Flüsse in den Titicacasee leiten und den eh schon stark verschmutzen See weiter vergiften. Ich bin verwundert, dass die Polizei hier solche Aktionen duldet. In Deutschland würde ein komplettes Lahmlegen des Verkehrs zwischen zwei Städten mit Sicherheit unterbunden werden.
Eigentlich hatten wir hier überhaupt nicht geplant zu zelten. Wir hatten uns extra ins Zeug gelegt, die 73 Km bis in einen kleinen Ort zurückzulegen, um dort ein Gasthaus zu beziehen. Doch wir wurden enttäuscht. Es gab nur eine einzige Unterkunft mit völlig betrunkenem Personal. Man wollte uns gleich hinein locken, ohne dass wir das Zimmer gesehen hätten. Meine Frage, ob es Dreibettzimmer gäbe wurde bejaht. Als ich die Zimmer dann sehen wollte, stellte sich heraus, dass es lediglich eine kleine Kammer mit zwei dreckigen Betten gab. Zudem funktionierte die Dusche nicht und man wollte das Dreifache der letzten Unterkunft haben. Unverschämt! Scheinbar waren sich die Leute ihrer Sache und ihrer Monopolstellung ziemlich sicher. Doch rechneten sie wohl nicht damit, dass wir unsere tolle Alternativunterkunft im Gepäck haben. Wir lehnten also dankend ab, rollten aus der schon dämmernden Stadt hinaus und stellten mal wieder, etwas abseits der Straße, unsere kleine grüne Burg auf. Minus 10 Grad Celsius haben wir hier übrigens gemessen!
Wie schon berichtet ahmt Magdalena zurzeit alles nach, was wir so machen. Zähneputzen gehört da natürlich auch zu. Und das Zahnputzlied kann sie auch schon summen…
Bei -10 °C nachts sind die Schlafsäcke morgens immer ziemlich feucht. Durch die intensive Sonne trocknen sie aber auch recht schnell wieder. Hier verpackt Emilia die Säcke gerade in die praktischen Ortlieb Kompressionsbeutel.
Wir radeln mal wieder über einen höheren Pass, der auch gleich die Provinzgrenze darstellt. Der höchste Punkt liegt auf 4338 m über Meeresniveau. Trotz der Höhe ist es nicht allzu kalt, wir kommen schließlich immer näher an den Äquator heran.
Hinter dem Pass geht es für eine lange Strecke bergab gen Cusco, wo wir uns gerade befinden und ein paar Pausentage einlegen. Schließlich waren wir recht lang unterwegs ohne längere Unterbrechung. Wir sind alle recht erschöpft und genießen das Ausspannen. Emilia war schon zwei Mal beim nahegelegenen Obst- und Gemüsemarkt und verwöhnt uns mit leckeren Salaten oder exotischem Obst. Wie lang wir keine Mango oder Kokosnuss mehr gegessen hatten! Angela (die mit dem rosa Velotraum) hatte uns einen guten Tipp für eine Unterkunft gegeben, in der es zahlreiche andere Radreisende und Motorradfahrer_Innen gibt. Auch sind hier einige Deutschsprechende, so dass sich Livia auch mal wieder mit anderen Menschen unterhalten kann. das tut ihr gut! Cusco ist außerdem Ausgangsort für zahlreiche Ruinenstädte der Inka, unter anderem auch für einen Besuch in Machu Pichu. Mal sehen, ob wir uns etwas davon anschauen oder die einsamen Bergstraßen den Touristenströmen vorziehen. Wahrscheinlich bleiben wir bis kurz vor Lima in den Bergen, anders als die rote Linie es zeigt. Ist aber abhängig davon, wie flott wir unterwegs sind. Wird die Zeit knapp, biegen wir schon vorher ab gen flache Steinwüste. Unser Rückflug nach Deutschland startet übrigens am 17. Juli. Wir haben also noch gut einen Monat, bevor es nach Hause geht…
beste Grüße und bis bald!
Jens & Co.
Ein Kommentar
Hola aus Cusco
waren 3 Tage in Machu Picchu und heute 17/06 „ergaenzen“ wir die fehlende Ruine Saqsaywaman. Morgen Richtung Pisac Urubamba Ollantaytambo…
Danach via Cusco nordwaerts nach Abancay Ayacucho?
Euch alles Gute!
Werner